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Whiskey: Maischen mit wenig Malz: enzymstarker Malz, Rasttemperaturen und -zeiten, Enzymzusätze
Von: der wo am 19.12.2015 12:23:34 | Region: da wer
Alleine auf die Kraft des Malzes setzen oder auf künstliche Enzyme zurückgreifen?
Für Malt-Whisky sind solche Zusätze verboten, aber ja auch nicht nötig, da man mit komfortablen 100% Malz maischt. Für Bourbon und andere Whiskeys ist es erlaubt und nicht kennzeichnungspflichtig. Die großen Hersteller geben keine Infos und ich habe niemand großen gefunden, der damit wirbt, keine Enzyme zu verwenden.
Früher hieß es, daß man mit enzymstarkem amerikanischen "6-row"-Malz den Malzanteil auf 12-14% reduzieren kann. Seit man das Malz für Whiskey unter Zugabe von Gibberellinsäure keimen lässt ("Gibb Malt"), kann man auf 8-10% runtergehen. Auf jeden Fall wird meist möglichst wenig Malz verwendet. Das Malz ist im kommerziellen Maßstab auch ein Kostenfaktor. Ein anderer Kostenfaktor aber ist Zeit, daher vermute ich, daß der Vorgang mit Enzymen fast immer beschleunigt wird.
Manche Ryes nehmen gar kein Gerstenmalz, dann ist der Roggen zum Teil gemälzt und/oder es werden Enzyme zugegeben. Recht häufig wird Rye auch aus 95% rohem Roggen und nur 5% Gerstanmalz hergestellt, da statt 8-10% bei Rye auch 5% Malz reichen, da ungekeimter Roggen im Gegensatz zu Mais etwas Diastasekraft hat. Was aber nicht heißt, daß hier nicht auch zusätzlich mit Enzymnen beschleunigt wird.
Wir europäischen Hobbyisten haben daher nun ein Problem: Wir bekommen hier nicht diesen beta-Amylase-starken amerikanischen 6-row-Gibb-Malt sondern nur einen europäischen 2-row, da dieser für unsere Domänen Bier und Malt besser geeignet ist. Brennmalz und Diastasemalz sind die stärksten, die wir hier bekommen.
Etwas Stöbern in Hobbybrauerforen zeigt, daß sich eigentlich niemand traut für Rohfrucht-Spezialbiere unter 50% Malz zu gehen. Dafür werden dann diese Malze und lange Rastzeiten empfohlen. Also scheint aus Brauersicht ein echter Bourbon ohne Enzymzusatz gar nicht möglich zu sein, da dieser min. 51% Rohfrucht hat, geschweige denn ein üblicher Bourbon mit nur 8-14% Malz.
Hier stellt sich die Frage, ob die beim Bierbrauen üblichen Temperaturempfehlungen für die Amylasen (zB 72° für die alpha-A und 63° für die beta-A) auch für uns bei sehr langen Rastzeiten optimal sind, bzw ob zB die beta-A bei 63° in 90min komplett denaturiert ist, also eine längere Rast nichts bringt, aber eine Rast bei zB nur 55° und dafür zB 240min mehr vergärbaren Zucker bildet. Hier zB werden zur Malzersparnis Temperaturen um 50°! empfohlen:
http://dingler.culture.hu-berlin.de/article/pj236/ar236136
Dieses Buch ist von 1880, man war sich damals noch nicht sicher, ob es mehrere "Fermente" gibt oder nur die "Diastase", welche bei einer Optimaltemperatur von 60° verzuckern soll. Die Versuche dort wurden mit feingemahlener reiner Stärke gemacht. Daß in der Praxis eine höhere Temperatur beim Lösen der Stärke aus dem Getreide hilft, relativiert diese Ergebnisse wahrscheinlich teilweise.
Auch auf homedistiller ist zu lesen:
"The enzymes also denature faster at higher temperatures. Mashing at the lower end of the range lets the enzymes work longer, creating more simple sugars. The reaction does take longer."
und:
"popular misconception that it takes x amount of diastatic enzyme to convert x amount of starch...
another misconception is that the enzymes are only effective within an optimum temperature range.
the truth is that even a tiny amount of enzyme will convert quite a huge amount of starch given enough time.
And it will do it at anywhere from room temp right up to "optimum" temp.
In fact... lower temps for longer times will make smaller amounts of enzyme go much farther because the optimum temp is so close to the temperature that kills the enzyme that unless you are using an expensive immersion circulator the hot spots in your tub will gradually reduce your diastatic power to zero."
und:
"If you 'do the math' you will find that there is an optimal temperature for a mash enzyme ONLY if you specify the time duration of the mash. For a 15 minute mash, maybe 70C is optimal for beta amylase (!!), while for a 2 hr mash perhaps 58C is optimal."
Das klingt jetzt, als würde im Endeffekt alles besser gehen, je kühler man maischt, irgendwann kriegt die beta-A das schon klein. Das geht erstens nur schwer, weil bei niedriger Temperatur wahrscheinlich irgendwann Schimmelbefall einsetzt, aber zweitens auch deswegen schlecht, weil eine hohe Temperatur selbst bei mehlfeinem Getreide zur Lösung hilfreich ist und drittens die beta-A nur sehr langsam vorwärts kommt, wenn die alpha-A nicht schon ordentlich gearbeitet und damit mehr Angriffspunkte vorhanden sind. Wenn man zu viel Stärke/Dextrine in die Gärung mitnimmt, holt die Hefe die Enzyme auch nach ein paar Tagen ein, auch weil der nun sehr niedrige pH-Wert die Enzyme behindert. Dh es gärt noch ewig lang ganz schwach. Wenn man dann mal öffnet und Oechsle nachmisst, sich dann entscheidet noch zwei Wochen zu warten, hat man vielleicht den Aromen eine deutliche Essignote hinzugefügt.
Es hat sich für mich daher als äußerst hilfreich erwiesen, das Malz in drei Etappen zuzuführen. Eine Kleinmenge zum Vorverflüssigen, nach dem Verkleistern zum Weiterverflüssigen noch eine Kleinmenge und den großen Rest dann bei einer eher niedrigen Temperatur, bei der beta-A mit in die Abkühlung und Gärung genommen werden kann.
Wie bei malt whisky zeigt ein Jodtest bei whiskey nach dem Maischen noch Stärke an, aber nach der Gärung nicht mehr.
Ich bin ohne Enzyme nicht unter 20% Malz (Diastasemalz) gegangen, erreiche damit nach der Vergärung 0 Oechsle, aber habe bemerkt, daß mit zusätzlichen Enzymen alles schneller und einfacher geht und am Ende geschmacklich gleichwertig ist. Ganz ohne Malz zu maischen wäre aber extrem untypisch, geschmacklich fällt da wohl was weg, wenn auch mit Enzymen problemlos machbar.
Die käuflichen Enzyme sind nicht ganz die gleichen, wie die im Malz. Sie sind durch Pilze gezüchtet und haben zum Teil andere Temperatur- und pH-Wert-Empfehlungen. Anstelle wie bei Malz hauptsächlich alpha-A und beta-A wird hier alpha-A und Glucosidase verwendet (wahrscheinlich ist die beta-A in der Herstellung teuer), was zur Folge hat, daß beim Maischen mit Enzymen das Verhältnis von Glucose und Maltose zur ersteren hin verschoben ist, womit sich die Hefe dann aber übrigens etwas leichter tun sollte. Geschmacklich sollte es keinen großen Unterschied machen, da jeder vergärbare Zucker sowieso von der Hefe erst in Glucose umgewandelt wird. Ich habe zur Verflüssigung SEBstar HTL, eine alpha-A, welche auch hohe Temperaturen verträgt (ist beim Maischen von Mais vorteilhaft), und SEBamyl GL zur Verzuckerung, eine Glucosidase. Es gibt solche Produkte zB auch von Schliessmann oder Erbslöh.
Gruß, der wo