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RE: Alkoholberechnung nach oder während der Gärung
Von: der wo am 03.09.2016 15:35:18 | Region: da wer
Hier aus einem anderen Thread:
der wo schrieb:
Aräometer, Hydrometer, Alkoholmeter, Oechslespindel, alle messen das spezifische Gewicht von Flüssigkeiten. Was du dann aus den Werten liest, ist deine Sache. Für uns kommen der Alkoholgehalt, der Zuckergehalt und der Vergärungsgrad in Betracht. Mit dem Suchwort Vergärungsgrad findest du sicher Infos hier.
Ein Refraktometer misst den Brechungsindex einer Flüssigkeit. Trotzdem kann man damit dieselben Sachen herauslesen.
Matthias schrieb:
Ich interpretiere Schmickl so, dass in einer gärenden Flüssigkeit weder der Alkohol- noch der Zuckergehalt mit Aräometer, Hydrometer, Alkoholmeter, Oechslespindel zu einer sinnvollen Messung führen. Gleiche Messungenauigkeiten treten, wenn ich die Kommentare hier lese und richtig verstehe beim Einsatz dieses Vinometers auf.
Wie also verlässliche Werte vom Vergärungsgrad einer Maische erhalten? Hast du hierfür eine Antwort parat? Wie machst du es z.B. genau?
der wo schrieb:
Schmickl hat prinzipiell recht, daß eine Messung während der Gärung keinen Sinn hat, da sowohl Alkohol als auch Zucker einen Einfluss auf den Messwert haben. Außer: Man hat vor der Gärung auch gemessen. Dann gibt es eine Formel zur Berechnung des aktuellen Alkoholgehaltes.
Mit de SuFu "Endvergärungsgrad" findest du diesen Thread:
http://www.schnapsbrennen.at/diskussion/20160302192259-01.html
Da steht zB die Formel:
(OG - FG) x 130 = vol%
Und es wird darüber diskutiert.
Auch über Refraktometer und Vinometer wird diskutiert. Und ob man das überhaupt braucht, also ob mit entsprechender Erfahrung nicht ein Verkosten der Maische reicht.
Also wenn du diesen Thread komplett gelesen hast, müsste alles klar sein. Außer dir fehlen noch ein paar Basics.
Matthias schrieb:
habe es nun endlich geschafft, mich durch den von dir benannten Thread zu arbeiten. Dabei ist mir aufgefallen, dass es nicht wirklich EINEN Standpunkt gibt.
"baerbelis" Überzeugung ist zu deiner widersprüchlich. Er vertritt Schmickls, der von mir zitiert wurde.
Die von dir eingebrachte Anschauung ("Außer: Man hat vor der Gärung auch gemessen.") verstehe ich dann ehrlich gesagt nicht ganz. Was nützt es mir, den Anfangswert zu kennen, wenn in der gärenden bzw. vergorenen Flüssigkeit keine zuverlässigen Werte gemessen werden können?
Oder ist es in der Tat so, wie von dir auch ausführlich dargelegt, dass es sich hierbei um eine Adaption handelt, die keinerlei Anspruch auf absolute Korrektheit erhebt?
Ich habe zur Messung eine Spindel (0,990 bis 1,170), eine Oechslewaage (0 bis 130), Refraktometer-1 (0 bis 32 %mas und 0 bis 140 °Oe und 0 bis 27 °KMW), Refraktometer-2 (0 bis 80 %vol.) zur Verfügung
Zu deinen Ausführungen habe ich auch noch folgende Fragen:
1. Du schreibst "Eine Maische mit Zucker für 10% Alkohol ist also dann komplett ausgegärt, wenn dieser Wert (SG 0,98653) erreicht ist."
a) Zu dieser Erkenntnis kann ich aber nur erlangen, wenn ich in der Maische vor Beginn der Gärung die Zuckermenge für max. 10% Alkohol (also lt. Buch Schmickl ca. 196 g/l) gemessen habe?
b) Diese Prüfung kann ich sowohl mit der Spindel als auch der Oechslewaage oder dem Refraktometer-1 durchführen?
c) Wie würde ich eine Ermittlung des "Endvergärungsgrades" durchführen, wenn ich die Maische zu Beginn nicht gemessen hätte, sondern sagen wir erst nach 2 oder 3 Tagen? Ginge das? Wenn ja, wie?
2. Du schreibst "....Meines zeigt bei Wasser 1 zuviel, bei 150g/l 4 zu viel und bei 300 g/l 8 zu viel an.
a) Welche Erkenntnis läßt sich nun damit allgemein ableiten? Verwende ich zur Messkorrektur dann generell den Mittelwert, also 4,33?
3. Du schreibst "Die Skala mit dem pot. Alkgehalt...Meine Spindel behauptet, daß zB für 10vol% ein SG von 1.076 nötig ist. Eine ausgewogene Maische mit anfangs 1.076 wird aber 11 - 11.5% erreichen".
a) Wie berechnest du diesen Zahlenwert von 11 - 11.5%?
4. Du schreibst " Dein gemessener Wert (0-1 Oe) finde ich sehr realistisch und bestätigt die Formel: Der Wein hat 12% und zeigt nun 0-1 Oe an. Daraus errechne ich mit der Formel, daß er vor der Gärung etwa 93 Oe hatte. Also wohl 70 von den Trauben, den Rest aus dem zugegebenen Zucker. Hätte man ihn zu Ende gären lassen, würde die Spindel nun so -15 Oe anzeigen. Dann hätte er so 14%"
a) Mit welcher Formel errechnest du das?
5. Du schreibst " Allgemein ist die Berechnung mit einem Refraktometer ungenauer, eine kleine Meßungenauigkeit der aktuellen Brix führt zu großem Berechnungsfehler. Beim Hydrometer ist das einfacher. Also wenn man den Endvergärungsgrad messen möchte (das ist sinnvoll, wenn man vermutet, daß etwas nicht geklappt hat, und bei Getreidemaischen immer), empfehle ich ein Hydrometer. Sonst ein Refraktometer, da ein Tropfen genügt."
a) Kann ich hiermit für mich ableiten, dass ich die Anfangswertmessung auch gerne generell mit meinem Refraktometer-1 durchführen kann?
6. Du schreibst " Daß CO² das Meßergebnis signifikant verfälscht, glaub ich nicht. Jedenfalls ist die Rechnung bei allen Raubränden (wo ich alles an Alk raushole), immer gestimmt."
a) Brennst du alle deine Raubrände, also sowohl Getreide- als auch Obstmaischen immer bis auf 2-3 vol% runter?
der wo antwortet:
"wenn in der gärenden bzw. vergorenen Flüssigkeit keine zuverlässigen Werte gemessen werden können?" Das spezifische Gewicht kann zuverlässig gemessen werden. Aber der Wert alleine sagt nichts über den Alkohol und Zucker aus.
Schmickl sagt ja nicht, daß die Rechnung nicht funktioniert. Er erwähnt sie nur nicht, entweder weil er sie nicht kennt oder weil das Buch nunmal nicht 300 Seiten dick werden sollte. Die Rechnung ist nicht nur auf englischsprachigen Brennerseiten sondern auch Brauerseiten etabliert. ZB hier:
http://learn.kegerator.com/specific-gravity/
Hier allerdings mit der Konstante 132.715 statt 130 (die spinnen die Brauer...).
Den Anfangswert braucht man, da anfangs garantiert noch kein Alkohol vorhanden ist, man den Zuckergehalt also genau messen kann. Wenn dann aus Zucker Alkohol wird, sinkt der Wert stetig. Das ist eine voraussehbare halbwegs gerade Linie, die dann auch irgendwie annähernd berechnet werden kann.
Oder andersherum: 1.010 könnte zB 5% Alk und Xg/l Zucker sein, aber zB auch 10% und Yg/l Zucker und viele andere Kombinationen auf dieser Linie, das ist das Problem. Aber dann kommt der Anfangswert dazu und es gibt nur noch eine Möglichkeit.
Es ist eine Adaption und hat keinen Anspruch auf absolute Korrektheit. 100x besser als ein Vinometer ist es aber allemal.
1) Der Wert ist aus einer Tabelle, die ich im Internet gefunden habe. Reine Ethanol-Wasser-Gemische und deren spezifisches Gewicht.
http://www.hamm-chemie.de/j11/j11db/ethanol_wasser.pdf
Es ist ein theoretischer Wert, der beim Vergären nicht ganz erreicht wird, da immer etwas Zucker übrigbleibt.
a) Wieviel Zucker man in der Praxis für 10% braucht, kann man nicht chemisch exakt berechnen, sondern nur der Erfahrung gemäß. Ich nehme immer den Rechner von homedistiller:
http://homedistiller.org/calcs/sugar_sg
Dieser meint, 170g pro liter insgesamt braucht man für 10vol%. Schmickl meint 196g. Die Wahrheit wird vielleicht meist irgendwo dazwischen sein. Theoretisch reichen:
(OG - FG) x 130 = vol%
(OG - 0.98653) x 130 = 10
OG - 0.98653 = 10 : 130
OG = 0.07692 + 0.98653 = 1.0635. Vorbehaltlich daß die Konstante 130 genau stimmt...
Für diese OG bräuchte man laut homedistiller-Rechner 165g/l. Und in der Praxis kommen dann aber nur 9.7% statt 10% dabei raus, da etwas Zucker übrigbleibt.
b) Die Anfangsmessung ja. Die Endmessung theoretisch auch, aber da brauchst du aber eine andere Formel (siehe in dem anderen Thread).
c) Geht nicht. Aber vielleicht kannst du den Anfangswert berechnen. Aus dem Zucker oder dem normalen Zuckergehalt der Früchte. Eine Fehlerquelle mehr natürlich. Mit der Refraktometerformel führen kleine Abweichungen allerdings zu großen Fehlern. Mit einem Hydrometer miss einfach am Ende, je niedriger der Wert desto besser hat es geklappt. 0.985 - 0.990 ist bei Zuckerwasser oder nicht zu dickflüssigem Obst ausgegärt, wenn die Hefe nicht mit Zucker überfordert wurde. Getreide oder ganz dickflüssiges bei 0.995 - 1.000. Oder einfach nur abschmecken. Aber dafür muss man wissen, wie extremsauer eine Maische schmeckt, wenn sie ausgegärt ist. Oder einfach nach dem Raubrand nachrechnen. Man kann meist eh nichts mehr machen, wenns nicht gut läuft, höchstens dazulernen fürs nächste Mal.
2a) Nur eine Erkentniss für mich. Ich korrigiere meine Messungen um diese Werte (genau jeweils, nicht um den Mittelwert). Ob deine Messinstrumente ungenau sind, kannst du durch Probemessungen mit genau abgewogenen Mischungen herausfinden (zB 0g/l, 100g/l, 200g/l, 300g/l).
3a) Entweder nehme ich den Rechner von homedistiller und spiele so lange mit den Werten rum, bis 1.076 angezeigt wird, und lese dann die % ab (11.6%), oder ich nehme einfach die Anfangsoechsle x 0.15 (76 x 0.15 = 11.4%). 0.15 ist auch eine (natürlich ungenaue) Konstante, so errechnete Werte stimmen aber immer in etwa mit den Rechner von homedistiller überein.
4a) zit. baerbeli:
"Nehmen wir also ein Riesling Hochgewächs mit einem Mostgewicht von 70 Grad Öchsle und etwas aufgezuckert. Und lassen den Saft vergären. Endergebnis: 12 % Alkohol, 5 Gramm Restzucker, amtlich festgestellt. In diesen nicht mehr gärenden Saft = Wein tauchen wir die Öchslewaage. Ergebnis: Irgendwas zwischen 0 und 1."
(OG - FG) x 130 = vol%.
(OG - 1.0005) x 130 = 12
OG - 1.0005 = 12 : 130
OG = 0.923 + 1.0005 = 1.093 = 93 Oe
Und daß 70 Oe von den Trauben kam und aber noch aufgezuckert wurde, hat baerbeli ja geschrieben.
Und daß -15 Endoechsle so 14% wären:
(1.093 - 0.985) x 130 = 14%
Bzw: 93 x 0.15 = auch 14%
5a) Schon bei 2b beantwortet, glaub ich.
6a) Doppeltbrennen mach ich nur bei Getreide und für Neutralalk. Frucht wird direkt mit der Reflux feingebrannt. Da weiß ich deswegen nicht, wie weit ich runterbrennen würde. Neutralmaischen brenn ich nicht so weit runter. Ist aber wahrscheinlich egal, da meist noch sonstige Nachläufe mitverarbeitet werden und der Neutralalkohol nach dem Raubrand und dem Feinbrand noch durch eine Aktivkohlesäule kommt. Getreide brenne ich runter, bis quasi weniger Alkohol als gar keiner mehr drin ist. Kleiner Scherz. Aber die Dampftemperatur ist wirklich oft 1-2 Zehntelgrade höher als bei Wasserdampf. Also wenn mein Thermometer bei Wasser 100°C anzeigt, trenne ich Getreide bei 100.1°C ab. Die hochsiedenden Stoffe scheinen die Dampftemperatur ein bisschen anzuheben. Jedenfalls ist am Ende des Raubrands schon lange kein Alk mehr schmeckbar.