Diskussion - Schnaps, Ätherische Öle, Essig

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Brennen in die abklingende Gärung?

Alois am 01.11.2004 12:47:21 | Region: Süden
Kürzlich war ich bei einem alten Brenner in Tirol. Er ist über 70 und brennt seit 40 Jahren mit Abfindungsrecht. In der Brennstube hängt eine stattliche Sammlung von goldenen und silbernen Prädikaten für diverse Edelbrände, u.a. auch von mehreren Destillatas. Er hatte gerade eine Apfelmaische im Kessel (150 l Inhalt). Im Brennbuch war das Einmaischdatum vermerkt – es war keine 4 Wochen her. Auf meine Frage, warum er so schnell brennt, erklärte er mir, daß man bei Äpfeln „in die abklingende Gärung“ brennen soll. Dadurch wird vermieden, daß zu viel unerwünschte Geschmacksstoffe aus den Stielen und Kernen herausgelöst werden, die den Geschmack des Brandes beeinträchtigen.

Frage an die Leser: wer kennt diese „Methode“ und wer kann bestätigen oder widersprechen?

Alois

RE: Brennen in die abklingende Gärung?

mr. mojo am 01.11.2004 13:02:15 | Region: bayern
ich besitze das destillata handbuch. in dem wird bei einigen maischen auch empfohlen in die abklingende gärung zu brennen. ausprobiert habe ich es jedoch noch nicht.

RE: Brennen in die abklingende Gärung?

lohrjaeger am 01.11.2004 13:44:20 | Region: spessart
Ich hätte da noch ein anderes Argument, das der "Alte Fuchs" sicher wuste, welches sich aber halt nicht so toll anhört. Als Abfindungsbrenner muß er ja mit niederprozentiger Maische arbeiten. Diese ist nach Beendung der Gärung, wenn kein CO2 mehr produziert wird, recht anfällig. Deshalb lieber schnell brennen bevor was kaputt geht.

RE: Brennen in die abklingende Gärung?

Terras am 01.11.2004 14:22:26 | Region: Italia
Ich kann da auch nur theoretisieren. Maischefehler durch Überlagerung sind bekannt. Der Abfindungsbrenner, wenn er Fremdmaischen verarbeitet, weiß ja nicht genau, wie sauber der Maischeproduzent gearbeitet hat. Ich denke mal, dass beide Argumente zutreffend sind. Und möglicherweise ein drittes? Er verdient doch nur Geld, wenn er brennt. Warum sollte er die Maische unnötigerweise stehen lassen? Sobald der maximale Alkoholgehalt erreicht ist, kann er doch brennen. Das restliche CO2 wirkt noch konservierend, aber wenn das raus ist, beginnt die Maische zu altern - sprich sich zu verändern. Das CO2 stört ja auch nicht beim Brennen, das geht lange bevor der Vorlauf beginnt durch den "Auspuff" raus.

Ziehen wir mal die Weinvergärung zu Rate. Bei Rotwein beträgt die reine tatsächliche Gärdauer max. rd. 100 Stunden. Der biologische Säureabbau ist nach rd. 20 Tagen erledigt. Spätestens nach 4 Wochen ziehen die Kellermeister i.d.R. den Wein von der Hefe ab, wonach dann evtl. noch Nachgärung im Lagerbehälter erfolgt und dann Filtration bzw. Schönung und Fasslagerung der Weine.

Gruß
Terras

RE: Brennen in die abklingende Gärung?

lohrjaeger am 01.11.2004 15:29:21 | Region: spessart
@terras
In "Der Most-Gärmost und Süßmost" beschreibt Karl Stückler die Abfolge beim Apfelmost wie folgt:
Vermehrung der Hefe 1-3 Tage, 14 Tage stürmische Gärung, 2-4 Wochen Nachgärung.
Diese Zeitfolge kann ich aus eigenem Apfelweinausbau in etwa bestätigen, wobei´s von der Kellertemp. abhängig noch zu erheblichen Verzögerungen kommen kann.

RE: Brennen in die abklingende Gärung?

selbstversorger am 01.11.2004 15:56:59 | Region: d-nds
Hallo!
Sicher ist es bei Maischen nicht verkehrt möglichst schnell zu brennen, die Sorge infolge niedriger Alkoholkonzentrationen durch bakterielle Infektionen Fehlaromen im Destillat zu haben ist berechtigt. Dies gilt aber eher für Maischen, ich stelle meist Fruchtweine her von denen Teilmengen gebrannt werden. In einem neueren Versuch habe ich mal "Rum" mit braunem Zucker herzustellen versucht, das Ergebnis steht noch aus, aber die Problematik des Hefegeschmacks im Destillat ist bei Zuckermaischen bekannt, kann aber vollständig durch Lagerung mit mehrmaligem Abziehen eliminiert werden. Es wäre verkehrt dies zu verallgemeinern, ich denke man sollte einem alteingessenen Obstbrenner der nur wenige verschiedene Brände herstellt -aber die dafür richtig- durchaus Glauben schenken. Das liefe auf eine vor nicht allzulanger Zeit geführte Diskussion heraus ob und warum Profis qualitativ bessere Brände erzeugen können.
Ich zumindest habe durch die jetzige Diskussion wieder was Neues gelernt!

Gruss

RE: Brennen in die abklingende Gärung?

Alois am 01.11.2004 18:41:28 | Region: Süden
Die Vermutung liegt nahe, so schnell wie möglich zu brennen, um Geld zu verdienen. Trifft aber bei dem von mir zitierten Brenner gar nicht zu. Seine Prämierungen gerade auch für Apfelbrände sprechen für sich. Und er brennt nur für sich, keine Stoffbesitzer. Und immer die selben Äpfel, seit Jahren.

Leider ist es bei mir heuer schon zu spät für einen "Selbstversuch". Eine Aufgabe für die nächste Saison also.

Danke für die Diskussionsbeiträge.

Alois

RE: Brennen in die abklingende Gärung?

Jens am 26.09.2007 14:43:32 | Region: Hunsrück
Moin,

kann ich nur bestätigen, nach einem langem und ausführlichem Gespräch mit unserem Zollbeamten gab mir dieser auch den Tipp.

Man erhaät zwar eine geringere Ausbeute, jedoch das Höchstmaß an Geschmacksstoffen aus der Maische.

Haben wir dann auch gleich in die Tat umgesetzt und zwar mit Kirschmaische, das Ergebnis war verblüffend.

Einfach mal ausprobieren.