Diskussion - Schnaps, Ätherische Öle, Essig

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Unangenehme Schärfe im Brand

graebsch am 19.08.2024 14:13:00 | Region: Ländle

Hallo zusammen,


ich habe eine allgemeine Frage zur Schärfe von Bränden.


Kurz meine Erfahrung:


Ich brenne seit 2010 und habe mit einer kleinen Tischbrennerei von Schmickl begonnen.

Nachdem mich das Fieber gepackt hat, habe ich 2012 aufgerüstet und eine 20 Liter Anlage mit Wasserbad vom Hersteller Schmidt (Tirol) gekauft.


Am Anfang habe ich auch mit Turbohefe und hochprozentigen Maischen herumexperimentiert bin jedoch als Abfindungsbrenner rasch auf "ehrliche" Brände gekommen.


Ich brenne jedes Jahr etwa 300 Liter Maische, meistens Williams Birnen und/oder reinsortige Äpfel.


Das Fruchtaroma ist ein meinen Bränden ganz gut aber ich habe immer eine gewisse Schärfe im Brand und bekomme dies einfach nicht weg.


Daher mal hier die Frage an die langjährigen Brenner und Experten an was es liegen könnte?


Mein Prozess sieht folgendermaßen aus.

* Ich verwende nur Obst von bester Qualität

* Dieses wird sehr sorgfältig gewaschen. Bei Williams Birnen werden alle Birnen entstielt.

* Ich habe zum Maischen eine professionelle Kernobstmühle bei welcher so wenig wie möglich Kerne kaputt gehen sollten.

* Ich arbeite nach dem Einmaischen mit Ansäuerung (Entweder Phosphor Milchsäure oder Biogen-M um den pH Wert auf etwa 3 einzustellen, in letzter Zeit mit der Hefe Aroma-Plus von Schließmann und dem Verflüssiger Ultra-Fruit ebenfalls von Schließmann)

* Gärtemperatur (Raumtemperatur) ist in der Regel zwischen 20–23 Grad.

* Ich lasse meistens ca. 2 Wochen vergären und brenne dann in die abklingende Gärung.

* Rohbrand / Feinbrand Verfahren.

* Beim Rohbrand nehme ich alles mit und brenne auf etwa 5% in der Vorlage runter.

* Beim Feinbrand trenne ich Vorlauf ab und trenne den Nachlauf bei Williams etwa bei 67% in der Vorlage ab. (Bin ich hier schon zu weit im Nachlauf? Würdet ihr bereits bei etwa 70% auf Nachlauf umstellen?) Ehrlich gesagt tue ich mir, trotz all der Jahre Erfahrung, beim Abtrennen des Nachlaufs immer extrem schwer.

* Feinbrand bei Äpfeln habe ich schon auf 60% in der Vorlage runtergebrannt, ganz früher teilweise sogar auf 55%

* Nach dem Brennen lasse ich den frischgebrannten in großen Glasballons im Dunklen mindestens 6 Monate hochprozentig liegen.

* Nach den 6-9 Monaten verschneide ich Williams auf 40% und Äpfel auf 42%. Dabei mache ich es mit der Tropfenmethode, sodass das Wasser über Stunden nur leicht hineintropft.

* Zum Verschneiden verwende ich entweder sehr weiches Quellwasser aus einer Quelle bei uns in der Nähe mit einem Härtegrad von etwa 1dH oder ich verwende meine kleine Osmoseanlage und stelle selber kalkfreies Wasser
her.

* Nach dem Verschneiden lagere ich das ganze wieder 2-3 Monate in einem großen Glasballon bevor ich das Ganze in Flaschen abfülle.

* Williams wird nach dem Verscheiden wegen der vielen ätherischen Öle ja eigentlich immer milchig. Teilweise lasse ich ihn naturtrüb oder ich filtere Ihn mit einer Mini-Jet und einem BECO-Select, Tiefenschichtenfilter, A40.


Soweit mal zu meinem Prozess. Was haltet Ihr grundsätzlich davon?


Wenn ich einen Brand verkoste (egal ob Williams oder Apfel) der 1 Jahr alt ist oder einen der 3 Jahre alt ist, der Brand hat immer eine unangenehme Schärfe. Mit dem Aroma bin ich grundsätzlich zufrieden.


Habe wie beschrieben schon mit unterschiedlichstem Wasser verschnitten, immer Kalkarm. Dies wirkt sich teilweise auf das Aroma am Gaumen und an der Nase aus aber die Schärfe bleibt immer.


Abrundungszuckerung habe ich mal ausprobiert war aber dann kein Fan davon und hat auch nicht viel gebracht, bzw. hat vielleicht etwas Schärfe genommen dafür aber das Aroma etwas verfälscht.


Was habt Ihr für Ideen an was die Schärfe noch liegen kann?

Vielleicht die Brennanlage nicht optimal konstruiert?


Vielen Dank schon im Voraus für Euer Feedback.

Schöne Grüße

graebsch

RE: Unangenehme Schärfe im Brand

Hubert am 21.08.2024 12:52:55 | Region: Hietzing

Ganz schön viel Aufwand für einen scharfen Schnaps. Ein Großteil Deiner Maßnahmen sind eher dem esoterischen Bereich zuzuordnen, wenn Du deinen Arbeitsablauf ordentlich straffst und vereinfachst, wird der Schnaps zwar nicht besser, aber jedenfalls nicht schlechter werden als jetzt.

Wie Schmickl in seinen Büchern und online-Präsentationen immer wieder betont, gibt es zwei nennenswerte, unerwünschte Nebenprodukte beim Gären:

- Ethylacetat: erzeugt den typischen essigartigen Beigeschmack eines Zwetschkenbrandes bzw. Obstlers. Der Schnaps schmeckt "wie vergoren", leider ein sehr häufiger Geschmacksfehler. Abhilfe sehr einfach: sauberes Arbeiten, sowie Säureschutz und - sehr wichtig - Reinzuchthefe zugeben (eigentlich egal welche).

- Acetaldehyd: ist für die Schärfe verantwortlich und da sind wir jetzt beim Thema. Z.B. in Wikipedia "alkoholische Gärung" ist die detaillierte (!) Gärungsreaktion der Hefe mit Zucker angegeben. Demzufolge ist Acetaldehyd ein Zwischenprodukt der Gärung, d.h. aus Zucker macht die Hefe zuerst einmal Acetaldehyd und daraus dann erst den Ethanol. Daher: je vollständiger die Maische ausgegoren, desto weniger Schärfe im Schnaps. Optisch eindeutig erkennbar mit dem Vorlaufabtrennungstest von Schliessmann. Wird "in der abklingenden Gärung" gebrannt, ergibt sich beim Test undurchsichtiges Schwarz, der Aldehydgehalt ist also dermaßen hoch, dass er vom Test nicht einmal mehr sinnvoll angezeigt werden kann, die Farbskala reicht eigentlich von gelb bis dunkelgrün...
Je länger man die Maische also ausgären lässt, desto weniger Aldehyd. Für eine vollständige Umwandlung in Ethanol (und damit möglichst geringe Schärfe) können herkömmliche Maischen aber leider nicht lange genug gelagert werden, weil Sie nicht haltbar sind. Die Gärung ist aber noch lange nicht zu Ende wenn es "im Gärspund nicht mehr blubbert". Daher am besten Mittelweg finden und nachdem alle Feststoffe zu Boden gesunken sind (also Gärung nahezu beendet), weitere zwei bis drei Wochen warten (aber keinesfalls länger!) und dann das Ganze in die Destille füllen und brennen. Deswegen gibst Du ja auch das Biogen M dazu (Säureschutz), damit man eben nicht "in der abklingenden Gärung" brennen muss, weil Maische nicht einmal zwei Wochen haltbar wäre.
Anmerkung: Hochgradige Maischen haben den Vorteil, dass sie lagerfähig sind, werden mit der Zeit sogar immer besser, daher solche Maischen erst nach mindestens (!) 6 Monate Lagerzeit brennen, dann hat sich das Aldehyd fast vollständig abgebaut, und bei den ersten Tropfen die beim Kühler rausrinnen ergibt der Vorlauftest eine Farbe zwischen gelb und hellgrün. Solche Maischen sind somit vollkommen vorlauffrei und entsprechend ohne Schärfe.
Zurück zu herkömmlichen Maischen: da diese so früh gebrannt werden müssen, nochmals, weil sie sonst verderben, entsteht auch immer Vorlauf, welcher nach allen Regeln der Kunst abgetrennt werden muss. Wie genau, ist eine andere Geschichte... Jedenfalls sind solche (immer noch scharfen) Brände zumindest zwei bis drei Jahre entsprechend zu lagern, damit sich der scharfe Geschmack im Lauf der Zeit langsam abbauen kann. Auch das ist eine eigene Geschichte, jedenfalls genügt es nicht, die Flaschen voll zu füllen luftdicht zu verschließen und mehrere Jahre zu vergessen. Flaschen nur ca. 2/3 bis max. 3/4 befüllen, regelmäßig belüften, beim Verdünnen künstliches Altern nicht vergessen, usw. Das alles ist aber im Schmickl-Buch sehr detailliert und ausführlich beschrieben.

Wünsche gutes Gelingen!

RE: Unangenehme Schärfe im Brand

graebsch am 22.08.2024 09:12:27 | Region: Ländle
Hallo Hubert,

vielen Dank für deine sehr nachvollziehbare Expertise, vor allem bzgl. dem Acetaldehyd!!

Ich werde nun mal versuchen nicht in die abklingende Gärung zu brennen sondern erst ca 1 Monat nach dem Einmaischen. Das könnte wirklich die Lösung für das Problem sein. :-)


Den Vorlaufabtrenntest wie du beschrieben hast habe auch auch schonmal gemacht und genau das festgestellt was du geschrieben hast, also dass mit dem unduchsichtigen Schwarz ...

Ich denke ich muß wieder mal eine hochgradige Maische ausprobieren, ist halt nicht erlaubt ... aber wo kein Kläger da kein Richter ...

Ich habe auch schon mal versucht den Schnaps künstlich altern zu lassen, habe mit einer kleinen Pumpe etwas Luft in das große Gebinde geblasen. Habe ich jetzt aber auch schon länger nicht mehr gemacht. Was hältst du davon?


Ja klar optimal wäre es wenn ich bei 18 Grad vergären könnte, ich habe diese Möglichkeit aber leider nicht, da ich die Maischefässer nur ebenerdig lagern kann und keinen Keller habe.
Maischegärtanks sind halt sauteuer und für meine Maischemenge eigentlich nicht wirtschaftlich.

Oder kennst du bezahlbare Tanks?


Bei wieviel vol% in der Vorlage gehst du etwa auf Nachlauf. Klar je nach Obst anders, aber so generell? Denkst du 67% ist bei Williams ok?

Ein Brenner den ich kenne der geht schon bei 70-72% in der Vorlage auf Nachlauf.

RE: Unangenehme Schärfe im Brand

Hubert am 26.08.2024 12:19:27 | Region: Hietzing

Ja, das mit der Pumpe ist auch eine Möglichkeit. Probier's einfach mit einer kleinen Menge aus bevor Du alles aufeinmal belüftest. Nur falls was schiefgehen sollte (weiß zwar nicht was, aber sicher ist sicher).

Ganz normale Maischefässer aus Kunststoff (Fachhandel, bzw. googlen), am besten 30 oder 60 Liter Volumen, gibt es als Set inklusive Gärspund zu kaufen. In dieser Größe sind sie auch befüllt noch beweglich. Mit nassen Tüchern bedecken, am besten eine Vorrichtung basteln wo sich die Tücher mit Wasser von selbst vollsaugen, z.B. eine flache Wanne mit Wasser auf den Boden stellen oder was auch immer.

Ich trenne entsprechend der Dampftemperatur ab, diese Methode entspricht gemäß einem Artikel im "Der Kleinbrenner" aus dem Jahr 2011 (Dipl.-Ing. Jung, Universität Hohenheim) auch dem Stand der Technik, Vorlagenmessungen sind demzufolge veraltet und zu ungenau. Natürlich muss das Thermometer zu diesem Zweck auch exakt an der richtigen Position angebracht sein, sonst misst man Unsinn. Ich trenne den Nachlauf bei 91 °C ab. Abgesehen davon kann man Momentaufnahmen beim Alkoholgehalt nicht mit anderen Destillen vergleichen, wenn, dann macht es nur Sinn den Alkoholgehalt vom gesamten Destillat, also vom ersten Tropfen weg, anzugeben.

RE: Unangenehme Schärfe im Brand

Mineralemanni am 10.09.2024 18:38:55 | Region: Sachsen

mit dem belüften

,habe ich mal eine unangenehme erfahrung gemacht.

die ganze stube roch herrlich nach obst .egal welches ,aber der brand war fad.habe warscheinlich das ganze aroma ausgeblasen nie wieder gemacht.

RE: Unangenehme Schärfe im Brand

Hubert am 21.08.2024 19:48:36 | Region: Hietzing

Sorry, was ganz wichtiges vergessen: 20 - 23 °C sind viel zu warm um Aroma zu bewahren, abgesehen davon kann sich auch die dadurch bedingte heftige Gärung auf die Schärfe auswirken. Optimal sind 17 - 18 °C.

RE: Unangenehme Schärfe im Brand

graebsch am 27.08.2024 16:06:15 | Region: Ländle
Hallo Hubert,

entschuldige die späte Antwort!
Danke noch für deine weiteren Tipps. Das mit den nassen Handtüchern muß ich mal probieren.
Aktuell habe ich auch schon wegen einer kleinen Klimaanlage geschaut, die sind ja recht günstig und kann ich im Sommer auch im Haus verwenden. Familie würde sich da sicher auch darüber freuen :-)

Mit meiner alten kleinen (8 Liter) Schmickl Anlage habe ich auch über die Dampftemperatur abgetrennt. Bei der neuen bin ich nur noch über die Vorlage gegangen, ich habe aber letztes Jahr ein Dampfthermometer am höchsten Punkt des Steigrohrs einbauen lassen. Muß ich heuer in dem Fall auch probieren.


Jedenfalls nochmals vielen Dank zu der Expertise mit dem Acetaldehyd, das klingt für mich nach dem vernünftigsten Grund für die Schärfe.

Wann brennst du in der Regel deine Maischen, also wie lange lässt du Gären?

RE: Unangenehme Schärfe im Brand

Hubert am 28.08.2024 08:21:12 | Region: Hietzing

Ich setze ausschließlich hochgradige Maischen an, hat den Vorteil, ich kann sie stehen lassen und brennen dann wann ich will und nicht wann die Maische mir das vorschreibt. Setze nur kleine Mengen an, so ca. 20 bis 30 Liter je Sorte. Nachdem die Ausbeute ca. 1/3 der Maischemenge ist, reicht mir das vollkommen, muss nicht mehr sein.

Gärung dauert ca. 2 1/2 Monate bei 18 - 19 °C, danach lasse ich die Fässer ca. ein Jahr lang stehen.

RE: Unangenehme Schärfe im Brand

graebsch am 02.09.2024 08:15:39 | Region: Ländle

Ah ok, ja muß ich wohl auch wieder mal probieren.

Ich habe vor Jahren die Erfahrung gemacht, dass das Aroma in hochgradigen Maischen nicht an das von "normalen" Maischen herankommt. Gerade beim Williams war das bei mir so.

Aber das ist wie gesagt Jahre her und ich habe damals sicher noch den ein oder anderen Fehler gemacht.

Was hast du denn für eine Brennanlage und mit wieviel Liter Kesselinhalt?

RE: Unangenehme Schärfe im Brand

Hubert am 04.09.2024 09:37:46 | Region: Hietzing

Hatte zuerst auch Probleme mit gefühlt zu wenig Geschmack, verarbeite seit einigen Jahren aber nur mehr ausschließlich vollreifes Obst, so weich und gatschig, dass es sich nicht mehr zum Essen eignet. Z.B. Williamsbirnen werden prinzipiell ca. drei Wochen liegen gelassen (auf Packpapier im Keller), bevor es eingemaischt wird. Oder Dirndl (Kornelkirsche) keinesfalls pflücken, nur das Fallobst täglich vom Boden aufklauben, waschen und zur gärenden Maische geben usw. Seitdem ich darauf achte, habe ich auch keine Probleme mehr mit zu wenig Geschmack.

Ich verwende eine stinknormale 2-Liter potstill mit mehr oder weniger flachem Deckel aus Kupfer (vielleicht macht das Kupfer auch einen Unterschied, kann ich aber nicht beurteilen, habe noch nie Stahldestillen, bzw. Stahldestille aber Helm ausgekleidet mit Kupfer, verwendet.

RE: Unangenehme Schärfe im Brand

Der Profi am 16.10.2024 15:45:34 | Region: wie immer

Musste heute den Alkoholrechner aktivieren und wollte mir die Beiträge ansehen.Habe ca. 2005 die ersten Beiträge geschrieben,nach Jahren aufgehört da ich nur belächelt und nicht ernst genommen wurde. Bin Abfindungsbrenner seit 1975

und habe einige 10.000 Lit. Maische gebrannt.

Jetzt zu Deinem Problem ich trenne die Maische bei 23-22 % Vol.ab (jede Maische) da fängt der Nachlauf an ist so.Die Stoffe

die beim weiter herunter brennen dann im Rauhbrand sind werden beim Feinbrand nicht mehr abgetrennt.

Die Abtrennung des Nachlaufes ist bei 74-73 % Vol. bei jedem Feinbrand hört sich verrückt an ,ist hier auch so.

Es ist seit ca. 2 Jahren ein Nachlauf Abtrennungsgerät auf dem Markt dass das Abtrennen erleichtert ,Preis an die 2000.-€

Williamsbrand und auch die anderen brände sollten bei +2 bis +5 Grad gefiltert werden,Trübungen ausgeschlossen,

mit dem Wasser passt das kannst das Wasser auch schneller dazu geben 3 Lit. 5 Min.

Habe Dir geantwortet da Du Abfindungsbrenner bist.

Lg Arnold